
Hintere Mult Weinheim
WMD fordert Ende des Bebauungsplanverfahrens „Hintere Mult“
Angesichts der vorläufigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Karlsruhe sieht sich die „Wählervereinigung Mehr Demokratie Weinheim“ (WMD) in ihrer Sicht der Dinge bestätigt. „Wir sind von Anfang an von der Zulässigkeit des Bürgerbegehrens ausgegangen“, meint Stadtrat Matthias Hördt. Aus deren Sicht war es sowohl von der Verwaltung, als auch der Gemeinderatsmehrheit unverantwortlich, und kein Zeichen von Bürgernähe, dieses für unzulässig zu erklären. „Dadurch wurde das Vertrauen in die Politik beschädigt und zudem viel Geld der Bürgerschaft unnötig für Rechtsgutachten verpulvert“, so Hördt.
„Angesichts klammer Kassen wäre ein Rechtsgutachten einer namhaften Kanzlei ausreichend gewesen.“ So Susanne Tröscher, die damit kritisiert, dass OB Just zwei teure Gutachten in Auftrag gab, um seinen Zielen Gewicht zu verschaffen, obwohl die Stadtkasse dies nicht hergibt. Am einfachsten sei es laut WMD dem Bürgerbegehren zu entsprechen und das Bebauungsplanverfahren zu beerdigen. Auf keinen Fall dürfe weiter das Geld der Bürgerschaft für wenig aussichtsreiche Rechtsverfahren „bis zur letzten Instanz“ ausgegeben werden.
Kein Verständnis hat die WMD für solche Stimmen, welche Bürgerbegehren als undemokratische Hindernisse der Gemeinderatsentscheidungen diskreditieren. Thomas Bosch betont: “Baden-Württemberg regelt Bürgerbegehren und Bürgerentscheide in der Gemeindeordnung des Landes. Angelegenheiten der Gemeinde können direkt durch die Bürgerschaft entschieden werden“. Die Bevölkerung müsse über die Zukunft wichtiger Flächen abstimmen können. Dies sei demokratisch und notwendig für eine klima- und gesundheitsgerechte Stadtentwicklung.
Zumal die Stimmung in der Bevölkerung offenkundig gegen das geplante Gewerbegebiet stehe. Ein Bürgerentscheid werde zwar kein Selbstläufer sein, aber die Argumente lägen nun einmal auf Seiten der Landschaftsschützer. Heute mehr als vor einem Jahr. Die Ergebnisse der Zukunftswerkstatt des Oberbürgermeisters sprächen ebenfalls eine deutliche Sprache: die Bürger verstehen, dass wir unsere Lebensgrundlagen nicht weiter vernichten dürfen.
Die Hintere Mult sei nicht nur Grünfläche. „Sie ist eine ausgewiesene Kaltluftentstehungszone, die in Zeiten zunehmender Hitzewellen eine unverzichtbare Funktion für das Stadtklima übernimmt“, so Thomas Bosch. Schon heute seien tropische Nächte eine Belastung für die Menschen in Weinheim. Die negativen Auswirkungen durch die Zerstörung landwirtschaftlicher Flächen werden immer deutlicher für die Bevölkerung spürbar. Dies sei in erster Linie die Verschlechterung des Kleinklimas direkt in der Nachbarschaft zu Wohngebieten. Auch die Inflation der Lebensmittelpreise könne direkt damit in Verbindung gebracht werden. „Überschwemmungen aber auch Dürre können täglich in den Nachrichten verfolgt werden. Mittlerweile hat die Verwaltung einen Leitfaden für klimaangepasste Bauleitplanung dem Gemeinderat vorgelegt. Dort steht was von uns erwartet wird – wir müssen das konsequent umsetzen. Demnach dürfte die Hintere Mult nicht bebaut werden. Landwirtschaftliche Flächen sind keine Reserven zur Bebauung, sondern dienen ökologisch und ökonomisch der Daseinsvorsorge.“ so Susanne Tröscher weiter.
Weiter werde das neue Gewerbegebiet auch wirtschaftlich kein Erfolg für Weinheim werden, wenn wirklich alle Folgekosten bei den Berechnungen Berücksichtigung fänden. Die Verfechter des Gewerbegebiets würden keine realistische Kalkulation vorlegen. Kosten für Erschließung, Pflege und Instandhaltung lägen weit höher als Verkaufserlöse und Gewerbesteuern. Die CO₂-Bilanz werde total ausgeblendet, ebenso wie der Verlust von Bodenfunktionen zur Wasseraufnahme und Klima. Ausgleichsmaßnahmen werden weit entfernt mit intransparenten Ökopunkten durchgeführt, was der hiesigen Bevölkerung und Tierwelt überhaupt nichts nütze. Die negativen Auswirkungen auf Artenvielfalt und Landschaftsbild fänden hier statt.
Weiter werde übersehen, dass zusätzliche Arbeitsplätze hier vor Ort das Wohnungsproblem weiter verschärfen werde. Ebenso den Kampf um Fachkräfte. Dazu käme der Bedarf weiterer Kapazitäten für Kitas und Schulen. Für die WMD sei klar: auch ein Kompromiss in Form eines kleineren Gewerbegebiets in der Hinteren Mult komme für sie nicht in Frage. Die negativen Auswirkungen seien nur unwesentlich geringer. Das Projekt passe eben nicht zu einer langfristig sinnvollen Entwicklung Weinheim. Die expansive Wachstumsphase müsse beendet werden. Stattdessen sei eine Konsolidierung und Stärkung der vorhandenen Ressourcen und Infrastruktur angesagt.
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